Bernward Eberenz

Zu den Charakterskizzen

Angeregt durch die Charakterskizzen Elias Canettis, die unter dem Titel "Der Ohrenzeuge" veröffentlicht sind, begann ich schon während meines Musikstudiums, Menschen, wenn ich sie näher kennenlernte, zu skizzieren. Besonders interessierte mich dabei von Anfang an das Skurrile, Pittoreske, manchmal auch das Groteske in Charakteren, die Arten, wie Menschen sich selbst (oder anderen) im Weg stehen können, aber auch die tragische, komische oder gar poetische Komponente, die einen Charakter durchzieht.

Anders als Canetti allerdings, der seine Charakterskizzen in einer Art satirischer Prosa verfasste, wollte ich die zu schildernden Charaktere so dicht wie möglich fassen. So ergab sich, daß knappe und markante Darstellung mit einer Gedichtform sich verband. Gleichwohl sehe ich diese Charakterskizzen nicht in erster Linie als Gedichte. Wichtiger als eine solche vordergründige Etikettierung ist mir die Dichte (aus der Bezeichnung GeDICHT). Sie entsteht, handwerklich betrachtet, zum Einen aus der Anwendung dem Deutschen durchaus immanenter Wortbildeprinzipien, zum Anderen aus einer spezifischen Behandlung von Rhythmus und Reim, und zwar so, dass durch eben diese Behandlung die Bedeutung der Worte sprachklanglich geradezu herausmodelliert wird.

Eine besondere Form des Vortrages gehört daher zu diesen Charakterskizzen gerade so wie der Vortrag zu einem Musikstück. Aus diesem Grunde entschied ich mich auch, sie zuerst nicht als gedruckte, sondern als vorgetragene Stücke zu veröffentlichen.

 

>> Zu den Hörproben >>